Hobby

Im Interview mit Robert Lender! Ein Marathon-Interview mit einem Alpha-Blogger!

Servus Robert. Würde es eine österreichische Blogcharts geben, na dann wärst du wohl indexiert.

Eigentlich nicht 🙂 Es gab sogar diese österreichische Blogchart mit blogheim.at. Da hat es letztes Jahr eine Übernahme gegeben. Ob die Seite noch gut gepflegt wird, weiß ich nicht. Am Anfang war ich noch dabei. Aber dann hätte es ein externes Zählpixel gebraucht, um noch in den Charts aufzutauchen. Und das wollte ich meinen Leser:innen nicht zumuten.


Auch heutzutage wissen viele Menschen noch immer nicht was ein Blog denn ist. Ich empfinde es als äußerst wichtig, dass es Blogger gibt. Unser Content ist wertvoll und das was wir tun ist sinnvoll.

Kürzlich nahm ich an einer Online-Diskussion über die Definition von Blogs teil. Obwohl lauter Blogger:innen anwesend waren, kamen wir auf keinen gemeinsamen Nenner. Man kann sich auf den alten Kurzbegriff beziehen, der in etwa so lautet: “Persönliche, datierte Einträge auf einer Website, wobei der jüngste Eintrag ganz oben steht”, oder man kann versuchen, neue Kriterien hinzuzufügen. Ist ein Blog ohne RSS, ohne Kommentarmöglichkeit noch ein Blog? Letztlich geht es darum, dass Menschen etwas zu sagen haben und dies über das Web tun. Wenn sie es Blog nennen, ist es gut. Wenn sie es anders nennen, wahrscheinlich auch.


Bloggen ist Leidenschaft! Wie fing das bei dir an mit deinen ersten Gehversuchen? Wie fing das bei dir seinerzeit mit nureinblog.at an und wie viele Besucher hast du nun pro Monat?

Ja, man braucht viel Leidenschaft, um am Ball zu bleiben. Mein erster Versuch war 1997 meine tExas-Seite. Eine Website mit selbstgemachten HTML-Seiten, die ich mit Word (ja, wirklich) geschrieben habe. Thema war der Texas Instruments Avigo – ein Personal Digital Assistant. Mit den tExas News gab es eine regelmäßige Berichterstattung über Neuigkeiten und auch persönliche Erfahrungen mit dem Gerät. Eigentlich war es ein Blog. Damals wusste ich noch nicht, dass man das so nennt. Plötzlich schrieben mir Leute aus den USA oder Asien und fragten nach dem Avigo. Das hat mich fasziniert. Ich recherchierte, fragte nach, kam in Kontakt mit anderen und mit Texas Instruments selbst. Ich wurde um Beiträge gebeten. Es war einfach unglaublich für mich, dass meine kleine Website eine solche Wirkung hatte. Damals lernte ich für mich, was Bloggen für mich bedeutet: Austausch und Kennenlernen. Damals wurde ich Open Blogger.

Dann gab es noch ein paar Blogversuche mit einem Wiki-Plugin und anderer Software, bis ich 2005 auf Serendipity stieß und damit 15 Jahre lang bloggte. Irgendwie brauchte ich dann etwas Neues und wechselte Ende 2020 zu WordPress als Blogplattform. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, habe ich noch etwas etwas Verrücktes gemacht. Ich habe auch meine langjährige Domain robertlender.info/blog gewechselt und mit nureinblog.at neu angefangen. “Never change a running domain”, aber damals fühlte es sich richtig an: Neue Software, neue Domain. Und die hieß auch so, wie ich mein Blog schon 2005 genannt hatte, nämlich “Nur ein Blog“.
“Früher” hatte ich schnell mal ein paar hundert Besucher:innen am Tag in meinem Blog. Mit Social Media hat sich das verteilt. So sind es zwischen 40 und 200 am Tag, die in meinem Blog landen. Die Zahlen schwanken sehr stark. Das hängt unter anderem davon ab, ob ich zum Beispiel etwas poste, dessen Link im Fediverse verbreitet wird. Was sich aber in meinem Blog zeigt, ist, dass bestimmte Artikel über Wochen und Monate immer wieder aufgerufen werden. Mein Blog ist somit Gedanken- und Wissensarchiv, deren Einträge auch zu späteren Zeiten genutzt werden.

Denkst du, dass das Thema Blogging auch weiterhin Bestandteil des Web sein wird oder ändern sich die Zeiten?

Wenn ich das wüsste! Künstliche Intelligenz wird sicher einiges verändern oder tut es bereits. Wenn mir ein Programm recht gute Texte erstellt, Bilder dazu oder sogar Inhalte recherchiert … dann kann mir das als Blogger helfen oder Blogs zu künstlichen Textschleudern machen.
Und der Begriff “Blog” verschwimmt aus meiner Sicht auch. Nehmen wir das “Fediverse”, also das Netzwerk aller Anwendungen oder Instanzen, die sich über den ActivityPub-Standard vernetzen. Mastodon ist die bekannteste Anwendung, die sich selbst auf 500 Zeichen pro Post beschränkt. Andere Anwendungen (z.B. Firefish) erlauben zehntausende von Zeichen und auch Textformatierungen. Auch Links, Bilder, Videos und andere Dateien sind möglich. Die Texte sind über das Web frei zugänglich, ebenso über RSS-Feeds. Soziale Netzwerke und Blogs gehen hier ineinander über. Auch WordPress bietet mittlerweile ein Plugin an, das das eigene Blog als Instanz ins Fediverse bringt.

Welche Blog-Software ist deiner Ansicht nach die sinnvollste und auf welche Plugins sollte man setzen?

Mit dem man gerne arbeitet. 🙂 Für viele ist das wahrscheinlich WordPress. Es ist weit verbreitet, man findet leicht Support und viele Plugins. Für andere ist es vielleicht zu groß, zu unsicher, immer noch zu kompliziert. Es gibt heutzutage so viele Alternativen. Ich habe früher Serendipity benutzt. Ein einfaches und stabiles System, besonders wenn man nur bloggen will. Es gibt auch viele Flat-File-Blogs. Oder man benutzt eine Software wie Firefish oder Friendica und ist dann auch gleich mit dem Fediverse und vielen anderen Usern vernetzt.

Hast du Tipps und Tricks parat welche angehenden Bloggern helfen könnten, dass sie sich zurecht finden und die Motivation nicht sausen geht?

Tipps und Tricks sind schwierig und jede:r braucht andere Hilfe. Mir hat geholfen, in anderen Blogs zu lesen, in sozialen Netzwerken unterwegs zu sein, Fragen zu stellen. Wenn es in deiner Nähe Offline-Treffen gibt, geh hin. Bleibt neugierig und offen und schämt euch nicht, wenn ihr etwas nicht wisst. Das sind meine Ansätze.
Motivation ist eine spannende Sache. Es gibt immer Höhen und Tiefen, man muss jemand sein, der gerne kommuniziert. Für mich ist es wichtig, dass ich einfach mit Menschen in Kontakt kommen will, dass ich mich austauschen will. Und dass ich selber gerne Blogs lese.

Wenn jemand den Wunsch hegt hauptberuflich zu bloggen, was teilst du demjenigen dann mit?

Nicht viel. Ich betreibe meinen Blog als Hobby und habe daher wenig bis gar keine Ahnung, was es heutzutage alles braucht, um mit einem Blog auch Geld zu verdienen. Vielleicht sollte man einfach mal “nebenbei” mit dem Bloggen anfangen, um zu sehen, ob es für einen selbst das Richtige ist, seine Texte ins Netz zu stellen.

Mir kommt es so vor, dass die Blogosphäre nicht mehr sonderlich existent ist. Es gibt keine ordentlichen Blogger-Foren mehr und die Facebook-Kanäle sind vollgepflastert mit Spam. Irre ich mich?

Hat es die Blogosphäre wirklich gegeben? Ich glaube, jeder hat eine andere Vorstellung davon, was sie war. Je nachdem, wie er/sie das Bloggen selbst erlebt hat. Vielleicht war es früher intensiver, weil wir Blogger direkt miteinander in Kontakt getreten sind, uns gegenseitig kommentiert und Pings und Trackbacks geschickt haben. Die Interaktion fand zwischen den Blogs statt. Heute interagieren Blogs eher in Richtung sozialer Netzwerke. Interessant finde ich, dass eine ähnliche Diskussion gerade im Fediverse stattfindet, ob es so etwas wie eine eigene Fedi-Identität, eine Fedisphäre, gibt.

Sollte deiner Ansicht nach ein talentierter Schreiberling heutzutage noch bloggen oder ist es mittlerweile vergeudete Lebenszeit? In Zeiten der Influenzer und Reels gehen Blogs immer mehr unter. Wie stehst du dazu?

Warum nicht einen Blog starten? Es braucht nicht viel technisches Know-how. Ein Blog ist schnell eingerichtet. Mein einziger Tipp: Betreibe es nach Möglichkeit mit einer eigenen Domain. Denn dann musst du, wenn du richtig loslegst, nicht quasi deine Identität wechseln. Obwohl ich das selbst schon gemacht habe 😉
Wenn du gerne schreibst, probiere es einfach aus. Ein Blog ist ein guter Ort, um deine Gedanken, Ideen, Meinungen, dein Wissen einfach loszuwerden. Und wenn es wirklich dein eigener Blog ist, dann ist es auch der Ort, an dem niemand deine Texte einfach so löschen kann. Es ist der Ort, wo du von Facebook, Mastodon, … einfach auf deine Texte verweisen kannst. Wobei es auch im Fediverse verschiedene Software gibt (Friendica, WriteFreely, Firefish, …) die mehr oder weniger das Bloggen bzw. lange Texte zulassen. Man kann also durchaus ein Blog mit einem sozialen Netzwerk verbinden.

Du hast X den Rücken zugedreht. Twitter war dir lieber. Du bist also kein Verehrer von Elon Musk?

Ich bin 2007 zu Twitter gekommen. Es war damals ziemlich neu. Es war anders. Es hat durch seine Offenheit auch viele neue Ideen ermöglicht. Als ich damals live von einer Veranstaltung twitterte, bekam ich Kommentare, dass so etwas keinen Sinn mache. Nach ein paar Monaten war es alltäglich. Es wurde viel ausgetauscht und experimentiert. Twitter wurde größer, unangenehme Leute kamen dazu. In meiner “Blase” war es noch ganz angenehm. Aber mit Musk hat sich das geändert. Ich muss nicht alle Entscheidungen aufzählen, die er getroffen hat und die Twitter zu einem unangenehmen Ort gemacht haben. Und schließlich wurde daraus X. Ich musste Twitter nicht verlassen, Twitter hatte mich verlassen. Ich konnte nicht mehr bei X bleiben, weil ich die Eskapaden eines einzelnen Mannes nicht unterstützen wollte. X war kein Unternehmen mehr, sondern quasi Musks Spielzeug. Nachdem ich mir im Mai 2022 eine eigene Mastodon-Instanz im Fediverse eingerichtet hatte und ein Jahr lang ausprobieren konnte, wie ich damit zurechtkam, war es für mich nur noch ein relativ kleiner Schritt, im Oktober 2023 mein altes Twitter ganz zu verlassen und mein Profil zu deaktivieren.

Last but not least würde mich interessieren wieviele Stunden du pro Woche bloggst und wie du dich immer wieder aufs neue motiviert um deinen Blog auch aktiv und deine Leser bei Laune zu halten?

Das kann ich so nicht sagen. Denn Bloggen ist ja nicht nur der Prozess des Schreibens. Ich denke manchmal länger über Texte oder Ideen nach. Ich lasse mich inspirieren oder recherchiere. Oft schreibe ich auch über Dinge, die ich gerade erlebe oder lerne. Wo das Bloggen anfängt, ist die Frage. Manche Texte sind in wenigen Minuten getippt, andere brauchen Stunden. Schließlich reagiere ich auf meine Leser:innen und poste zu ihren Anregungen und Fragen.
Die Motivation? Die ist manchmal wenig da und dann überkommt sie mich. Dann will ich wieder bloggen. Motivation ist für mich, wenn ich einen Text fertig habe und ihn in die Welt schicken kann. Motivation ist auch das eine oder andere Feedback, dass mein Text eine Anregung war, vielleicht sogar eine Hilfe. Manchmal ist es auch Motivation, wenn ich meinen eigenen Blog als Nachschlagewerk nutzen kann. Dann denke ich mir: “Schreib doch öfter mal was rein, was du später vielleicht selbst brauchst”. Aber das Schöne ist: Ich muss niemanden bei Laune halten, ich muss nicht auf Zugriffszahlen schielen. Ich kann einfach schreiben. Einfach, weil es mir Spaß macht … das ist manchmal schon Motivation genug. Und ein wenig ist das Blog auch Teil meines Lebens geworden.

Ein Gedanke zu „Im Interview mit Robert Lender! Ein Marathon-Interview mit einem Alpha-Blogger!

Kommentare sind geschlossen.

Barrierefrei

Consent Management Platform von Real Cookie Banner